Kochen in lecker!

Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke

Kunstvoll kochen Der Lyriker als Feinschmecker

Ob der österreichische Lyriker ein Feinschmecker war weiß ich nicht. 1875 in Prag geboren, bin ich mir nicht sicher, ob es die richtige Zeit und der richtige Ort war für die Genießerküche. Immerhin hat es ihn im Laufe seines Lebens, nach vielen Reisen und einem Leben in mehreren Ländern, zum Schluss in die reiche Schweiz verschlagen. Wie er gegessen hat, was er bevorzugt hat oder ob er sogar Veganer war, konnte ich nicht herausfinden. Aber was, wenn nicht Kunst und insbesondere Lyrik, sind besser dafür geeignet um sie in Fine-Dining-Manier umzusetzen? Rilke sagte unter anderem über Kunst: 

"Das Kunstwerk möchte man also erklären: als ein tiefinneres Geständnis, das unter dem Vorwand einer Erinnerung, einer Erfahrung oder eines Ereignisses sich ausgiebt und, losgelöst von seinem Urheber, allein bestehen kann. Diese Selbständigkeit des Kunstwerkes ist die Schönheit. Mit jedem Kunstwerke kommt ein Neues, ein Ding mehr in die Welt. Diese Selbständigkeit des Kunstwerkes ist die Schönheit. Mit jedem Kunstwerke kommt ein Neues, ein Ding mehr in die Welt."

Und ist ein gelungenes Essen nicht auch Kunst? Nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich. Die Harmonie der unterschiedlichen Gewürze und Geschmacksrichtungen, Texturen und Gerüche. Die Interpretation eines Gedichtes in ein Gericht, aus meiner Sicht, auf jeden Fall.

1926 starb Rilke in Val-Mont. Verletzt und nicht fähig zu schreiben, die Hände verbunden, weil er sich beim schneiden seiner selbst gezogenen Rosen sticht und die Wunde sich entzündet. Die Rose, eine Metapher, die den Silbenkonfektionär ein Leben lang in verschiedensten Ausprägungen begleitete, hat so gesehen auf zweifache Weise das letzte Wort. Denn auch auf seinem Grabstein soll sie stehen, so verfügt er es in seinem Testament. Was kommt zum Schluß? Der Tod und das Dessert. Aus diesem Grunde habe ich den Grabspruch von Rainer Maria Rilke zum Abschluß des Essens gewählt.

Pura Vegana!

Menüfolge

1. Gang

Dieses etwas aufwändige, aber ausgefallene Fine Dining Gericht stammt aus dem Motto-Koch-Abend "Rainer Maria Rilke". Es stellt ein bekanntes Gedicht von ihm dar, welches mir persönlich sehr am Herzen liegt. Es ist thematisch eng mit dem verknüpft ist, wo mein Herzblut fliesst und wofür ich kämpfe.

Natürlich ist mir der Name Rilke als Dichter ein Begriff, aber hätte ich ein oder zwei Gedichte von ihm nennen sollen, so wäre mir nichts einfallen von dem ich genau wußte, dass es aus seiner Feder stammt. Daher wurde, wie bei vielen Mottos die ich kochen sollte, auch hier erstmal ein Suchdurchlauf gestartet. Es gab einige schöne und interessante Gedichte, aber dieses sprach mich sofort an.

Der Panther

Ob "Der Panther" das bekannteste Gedicht von Rilke ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Lyrik ist ja nun auch sehr persönlich und kann nicht eindeutig belegt werden. Vielleicht hätte, jetzt im Herbst, das Gedicht "Der Herbsttag" sogar noch besser gepasst, zumal der zweite Mottobegriff an dem Abend "September" war. Aber der Panther ist mir als Veganerin natürlich viel näher als eine schnöde Jahreszeit.

Inhaltlich bezieht sich das Gedicht auf einen gefangenen Panther und seine Ausweglosigkeit. Als Tierliebhaberin zerreißt es einem das Herz beim lesen und könnte aktueller nicht sein im Hinblick auf die Massentierhaltung. Rilke bezieht sich in seinem Werk wahrscheinlich auf einen eingesperrten Panther, den er im Jardin des Plantes in Paris gesehen hat. Eine Interpretation könnte auch die Übertragung auf die menschliche Einsamkeit sein. Aber alleine seine Worte, ohne tiefere Interpretation, lassen bei mir das Bild von tausenden Tieren in engen Stellen entstehen. Tag für Tag ohne Bewegung, den natürlichen Impulsen und Bewegungsmustern beraubt, der Wille gebrochen, um dann qualvoll zu sterben um den Menschen unnötigerweise als Nahrung zu dienen.


DER PANTHER:

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

Zutaten

Mengen für ca. 4 Personen

Hanfsoße:
  • 2.5 St.Knoblauchzehen
  • 4 Bl.Blutampfer
  • 3.5 ELLimettensaft
  • 150 gHanfsamen
  • 0.7 TLSalz
  • 0.5 TLTellicherry Pfeffer
  • oder alternativ
    0.5 TLPfeffer
  • 150 mlOlivenöl
  • 1 TLHefeflocken
Porree:
  • 6 StgPorree
  • 3 ELOlivenöl
  • etwasSalz
Sellerie-Wildreis:
  • 200 gWildreis
  • 350 gSellerieknolle
  • etwasKohle
  • oder alternativ
    2 St.Kohletabletten
  • 1 TLSalz
  • 2 ELHanfsamen
  • 1 ELHanföl
  • oder alternativ
    1 ELKürbiskernöl
  • 0.25 TLTellicherry Pfeffer
Deko:
  • 8 Bl.Blutampfer
  • 2 TLHanfsamen
  • etwasBlüten
  • 12 Bl.Blutampfer
  • etwasBlüten
  • 2 TLHanfsamen
  • 150 gHanfsamen
  • 2 ELHanfsamen
  • 1 ELHanföl
  • 1 TLHefeflocken
  • 2.5 St.Knoblauchzehen
  • etwasKohle
  • Alternativposition
    2 St.Kohletabletten
  • Alternativposition
    1 ELKürbiskernöl
  • 3.5 ELLimettensaft
  • 150 mlOlivenöl
  • 3 ELOlivenöl
  • Alternativposition
    0.5 TLPfeffer
  • 6 StgPorree
  • etwasSalz
  • 1.7 TLSalz
  • 350 gSellerieknolle
  • 0.75 TLTellicherry Pfeffer
  • 200 gWildreis

Zubereitung

  1. Hanfsoße

    Die Knoblauchzehen abziehen und in ein hohes Gefäß pressen. Blutampferblätter grob zerkleinern, mit den restlichen Zutaten hinzugeben und mit dem Stabmixer zu einer geschmeidigen Masse mixen. Final abschmecken.

  2. Lauch-Gitter

    Vom Porree den Stielansatz und die oberen grünen Blätter, die lose sind entfernen. Die Blätter kann man noch gut für eine Suppe o.ä. verwenden. Die erste Schicht von der Porreestange vorsichtig entfernen, da sie zu hart ist und den Rest waschen. Die Stangen in ca. 12 cm lange Stücke schneiden. Nach belieben im Ofen oder in der Pfanne braten.

    Für die Ofen-Variante die Porree-Stangen von allen Seiten mit Öl einpinseln und etwas salzen. Auf ein Blech mit Backmatte o.ä. legen und bei 150 Grad Ober-/Unterhitze 40 Minuten backen, bis die Oberseite leicht gebräunt ist. Ggf. muß noch die zweite Schicht vom Porree entfernt werden, wenn sie zu hart ist. Hier kann man den Ofen anstellen, wenn der Reis auf dem Herd steht.
    Die Pfannenvariante geht schneller, kann aber nicht vorbereitet werden, sondern die Porreestangen werden gebraten wenn der Reis fast fertig ist. Dazu etwas Öl in einer Pfanne erhitzen, den Porree etwas salzen und von allen Seiten anrösten.

  3. Wilder Panther

    Für den Sellerie-Wildreis 400 ml Wasser zum kochen bringen und den Reis darin 20 Minuten köcheln lassen. In der Zeit die Sellerie schälen und raspeln. Mit der Aktivkohle und Salz zum Reis geben und weitere 20 Minuten köcheln lassen bis das Wasser verkocht ist und die Reiskörner aufplatzen.

    Zu Schluß Hanfsamen und Öl untermischen und mit Pfeffer und ggf. Salz abschmecken.

  4. Gedicht zusammen stellen

    Ein Viertel des Reis in eine Tasse geben, einen Teller mit der Mitte der Oberseite drauf geben und beides zusammen schnell umdrehen, so dass eine Reiskugel in der Mitte liegt. Mit den restlichen 3 Tellern wiederholen.

    Die Hanfsoße um den Reis verteilen und 3 – 4 Porreestücke über die Reiskugel als Gitter legen.
    Mit Blutampfer und Hanfsamen nach belieben dekorieren.

2. Gang

Ein Fine-Dining Dessert wie es im Buche steht. Optisch schön anzusehen und geschmacklich bietet es einige Überraschungsmomente. Wer etwas Zeit hat und sich auf feine Aromen konzentrieren kann, der wird in der Kombination von Zimt und Pfeffer oder Schokolade und Kapuzinerkresse mit Rosen-Noten Gefallen finden. Aber auch Freunde der klassischen Geschmackskombinationen kommen bei diesem tollen Nachtisch auf ihre Kosten. Birne, Calvados und Ingwer harmonieren einfach gut zusammen sind daher immer gerne genommen. Vor allem, wenn man ein paar neue Geschmacksrichtungen dazu nehmen möchte, braucht man eine gute Basis, von der man weiss, dass sie funktioniert.

Dieses Dessert Rezept entstand für das Motto "Rainer Maria Rilke". Als Hauptgericht gab es das Gedicht "Der Panther" und als Nachtisch habe ich den Grabspruch des österreichischen Lyrikers gewählt.

Grabspruch von Rainer Maria Rilke


„Rose, oh reiner Widerspruch,
Lust
Niemandes Schlaf zu sein
unter soviel
Lidern“


Der erste Gedanke war: Kandierte Rosenblüten. Sehr schön anzusehen und zerbrechlich wie das Leben. Kandiert balsamiert für eine längere Lebensdauer, Aufschub auf Zeit. Aber was ist mit dem Widerspruch? Ist die Rose in sich ein Widerspruch weil sie schön und dornig ist? Kann man es auch als süß und scharf interpretieren und Kapuzinerkresse und Pfeffer mit in ein süßes Dessert geben? Zwei Zutaten, die auch dafür bekannt sind, den Stoffwechsel anzuregen.

Ebenso wie Ingwer und Zimt, womit wir bei dem zweiten Teil des Spruches sind. Ich für meinen Teil empfinde sehr viel Freude am Leben und könnte verstehen, dass niemand Lust hat sich für immer schlafen zu legen. Daher kommen in diese süße Verführung allerlei Gewürze die die Lebensgeister wecken. Auch wenn es für den Dichter leider schon zu spät ist.

Zutaten

Mengen für ca. 6 Personen

Ingwer-Calvados Birne:
  • 3 Stk.Birne, weich
  • 10 gIngwer, frisch
  • 1 lWasser
  • 50 mlCalvados
Zimtschokolade:
  • 120 gBlockschokolade
  • 1 TLZimt
  • 15 gKakaobutter
Deko:
  • etwasKapuzinerkresse
  • etwasZimt
  • etwasPfefferkörner, schwarz
  • etwasPfeffer, pink
  • etwasRosenknospen
  • etwasRosenblüten
  • etwasBlüten
  • 3 Stk.Birne, weich
  • 120 gBlockschokolade
  • etwasBlüten
  • 50 mlCalvados
  • 10 gIngwer, frisch
  • 15 gKakaobutter
  • etwasKapuzinerkresse
  • etwasPfeffer, pink
  • etwasPfefferkörner, schwarz
  • etwasRosenblüten
  • etwasRosenknospen
  • 1 lWasser
  • 1 TLZimt
  • etwasZimt

Zubereitung

  1. Birnen vorbereiten

    Wasser zum kochen bringen. Ingwerstück schälen oder besser mit einem Löffel die Schale abkratzen. Ingwer in Scheiben schneiden und in das kochende Wasser geben.

    Die Birnen vorsichtig schälen. Sie sollten zwar reif, aber nicht so reif sein, dass sie schon zerlaufen beim schälen. Birnen halbieren und das Kerngehäuse vorsichtig mit einem Messer, bzw. Löffel entfernen. Wenn die Birnen noch zu hart sind, können sie für 10 Minuten im Ingwerwasser mit gekocht werden.

    Calvados hinzufügen und die Birnenhälften ein paar Stunden, am besten über Nacht ziehen lassen.

  2. Zimtschokolade schmelzen

    Schokolade grob zerteilen und mit der Kakaobutter im Wasserbad schmelzen lassen. Zimt hinzugeben und vermischen.

  3. Plating und Dekoration

    Mit einem Pinsel einen Schokoladenstrich auf den Tellern ziehen. Die Birnehälften drauf setzen und die restliche Schokolade über den Birnen verteilen.

    Mit den restlichen Zutaten dekorieren.